Page 3 - Begegnungen-87
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Andacht



       ging. Vor seinem Pavillon stand ein ins-  verhalten uns so, wie wir es tun; und wir
       gesamt äußerst stattlicher Mann, groß   sind eben auch (manchmal, viel zu oft?)
       und stark. Mein Patenkind blieb vor ihm   böse,  unnachgiebig,  gemein.  Gott  und
       stehen, sah ihn sich genau an und sagte   die Menschen – wir selbst ja auch – lei-
       dann: „Bist du aber dick!“ Bevor ich eine   den daran.
       etwas  unbeholfene Entschuldigung äu-  Die Jünger damals und heute – also
       ßern konnte, antwortete der Mann völlig   auch wir! – können und sollen als „Salz
       ruhig: „Bist du aber frech!“ – Damit war   in der Wunde“ dafür sorgen, dass das
       alles klar, wir haben miteinander gelacht,   Böse nicht alltäglich und schon gar nicht
       und es war gut.                      hingenommen wird. Die Welt muss auf-
       Jesus hat einmal zu seinen Jüngern ge-  merksam bleiben und den Schmerz
       sagt:  „Ihr seid das Salz der Erde!“;  so le-  über dieses Böse weiterhin empfinden.
       sen wir es in der Bergpredigt (Mt. 5,13).  Das schlimmste, was passieren könnte,
       Jesus  mutete  seinen  Jüngern  damit   wäre Abstumpfung. Das Ziel ist immer
       zweierlei zu.                        der Frieden. Und darum ist eine hier und
       Zum einen konnten und sollten sie da-  da klare Stellungnahme wichtig, muss
                                            das Böse böse genannt werden und das
       für sorgen, dass die „Suppe des Lebens“   Gute gut. Sind Mißstände zu benennen
       die richtige Würze hätte, das rechte Maß   und zu beheben, kann eine Auseinan-
       an  den  Herzenseinstellungen,  an  den   dersetzung  und  durchaus  heftige  Dis-
       Gedanken, Worten und Taten, die Jesus   kussion geboten sein.
       direkt vorher benannt hatte – in den sog.
       Seligpreisungen.                     Also, genau in dieser doppelten Hinsicht
       Da ging es um Trost und Sanftmut, um   ruft es uns Jesus zu: „Habt Salz in euch
                                            und haltet Frieden untereinander!“
       die Sehnsucht nach einem gerechten
       und barmherzigen Umgang miteinander,   Lassen Sie uns das versuchen, wo im-
       um ein „reines“ Herz, um Friedfertigkeit.   mer es geht, vielleicht (manchmal) auch
       Die Jünger damals und heute – also   mit einer ordentlichen kindlichen Unbe-
       auch wir! – können und sollen das, was   kümmertheit, ganz nah dran, und eigent-
       da genannt ist, überall dort als eine Art   lich immer um des Friedens willen!
       „guter Würze“ dazutun, wo gemeinsa-  Einen  schö-
       mes  Leben  stattfindet;  wo  Menschen   nen Sommer
       sich wünschen, dass es mit ihnen gut   wünscht  Ih-
       geht.                                nen
       Das zweite, was Jesus seinen Jüngern   Ihr
       zumutete, war, dass sie wie „Salz in der   Pfr. Jörg Dep-
       Wunde“ wirken sollten.  Wer schon mal   permann
       mit aufgeschabtem Knie in der Nordsee
       schwimmen gegangen ist, weiß, wie das
       „brennt“!
       Unsere Welt ist wie sie ist; wir Menschen
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